Landkreis Havelland - Funkstadt Nauen - Planfeststellungsverfahren zum Vorhaben „Ertüchtigung und Erweiterung der Sonderabfalldeponie (SAD) Röthehof um einen Deponieabschnitt der Deponieklasse DK III“ Öffentliche Anhörung zu den Antragsunterlagen hier: Stellungnahme der Stadt Nauen an das Landesamt für Umwelt

Abteilung Technischer Umweltschutz 1, Referat T 16 in Potsdam - zu den Antragsunterlagen der Märkischen Entsorgungsanlagen-Betriebsgesellschaft mbH (MEAB) nimmt die Stadt Nauen wie folgt Stellung.

Die Ertüchtigung und Erweiterung der Sonderabfalldeponie Röthehof (Markee-Neugarten) wird von der Stadt Nauen abgelehnt. Die Wiederinbetriebnahme, die hier „Ertüchtigung und Erweiterung“ genannt wird, gefährdet die Gesundheit und das Leben der umliegend wohnenden Bevölkerung. Es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb eine Deponie, für die es am 18.12.2019 eine abfallrechtliche Plangenehmigung für die Sicherung und Rekultivierung gab, jetzt wieder in Betrieb gehen soll. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Nauener Ortsteils Markee werden dann erneut für Jahrzehnte mit der Gefahr zu leben haben, dass der dort abgelagerte gefährliche Abfall zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, Lärm- und Geruchsbelästigung und nicht zuletzt möglicherweise zur Vergiftung des Grundwassers führt.

Im Einzelnen wird die Ablehnung der Stadt wie folgt begründet:

1.

Die verkehrliche Anbindung des Standorts wird sehr verkürzt und teilweise falsch dargestellt. Auf S. 24 der Begründung wird lapidar darauf verwiesen, dass die SAD Röthehof über eine eigene asphaltierte Grundstückszufahrt, abzweigend von der L 86 verfüge. Dies ist nicht richtig. Die Zufahrt der SAD Röthehof (Flur 13, Flurstück 42 der Gemarkung Markee) bindet an eine kommunale Straße an, die wiederum die Anbindung an die L 86 darstellt.

Hier die tatsächliche Erschließungssituation:

Im gleichen Absatz der Begründung wird darauf hingewiesen, dass der regionale Hauptzubringer die Bundesstraße B 5 in Verbindung mit der L 86 und der L 863 sei. Die Stadt Nauen weist ausdrücklich darauf hin, dass die Zulieferung der zu deponierenden gefährlichen Abfälle ausschließlich über die L 863 durch die Ortslage Wernitz erfolgen kann. Von der L 863 geht es dann über die L 86 bis zur Zufahrt zur SAD Röthehof. Eine Durchfahrt durch die Ortslage Markee / Markau ist nicht möglich, da der Abschnitt der L 86 nördlich der Ortslage Markee in der Trinkwasserschutzzone II des Wasserwerks Nauen liegt und die Durchfahrt damit dort verboten ist.

Gem. § 5 (Schutz der Zone II) Nr. 16 ist das Befahren dieser Zone mit wassergefährdender Ladung verboten.

Es ist den Bewohnerinnen und Bewohnern des Ortsteils Wernitz der Gemeinde Wustermark aber aus Sicht der Stadt Nauen nicht zumutbar, für die Dauer von bis zu 32 Betriebsjahren eine zusätzliche Verkehrsbelastung von 96 Lkw-Fahrten pro Tag, 48 Fahrten je Fahrtrichtung, erdulden zu sollen. Die Ortslage ist bereits jetzt durch den Lkw-Verkehr zu den Gewerbestandorten MOSOLF und Hermes über Gebühr belastet. Ohnehin sind die Angaben zu den voraussichtlichen Lkw-Bewegungen im Erläuterungsbericht widersprüchlich. Im „real case“-Szenario ist von 94 Lkw-Bewegungen die Rede, was 47 Fahrten je Richtung bedeuten würde. Auf S.41 wird dann von 48 Lkw-Fahrten pro Tag im realistischen Szenario gesprochen, was 96 Fahrten entsprechen würde. Das ist nur ein kleiner Unterschied, macht aber die ganzen Aussagen zur Verkehrsbelastung unglaubwürdig.

Eine Wiederinbetriebnahme der SAD Röthehof ist aufgrund der geplanten Lkw-Fahrten aus Sicht der Stadt Nauen nur denkbar, wenn eine Ortsumfahrung für Wernitz errichtet wird, was nach hiesigem Kenntnisstand von der Gemeinde Wustermark auch schon lange gefordert wird, ganz unabhängig von der jetzt vorliegenden Planungsabsicht.

Es ist auch dafür Sorge zu tragen, dass die Leerfahrten der Lkw nicht durch die Ortslage Markee / Markau fahren. Der derzeitige Zustand dieser Ortsdurchfahrt lässt eine zusätzliche Lkw-Belastung aus Sicht der Stadt Nauen auf keinen Fall zu. Nach einer Pressemitteilung aus dem vergangenen Jahr plant der zuständige Landesbetrieb Straßenwesen in den nächsten Jahren die Sanierung dieser Ortsdurchfahrt. Dies wird aber sicherlich von der Planung bis zur Bauabnahme einige Jahre dauern. Bis zum Abschluss der Sanierung kann die Ortsdurchfahrt Markee der L 86 für zusätzlichen Lkw-Verkehr nicht in Anspruch genommen werden.

Sollte das dennoch erfolgen, wird es angesichts des desolaten Zustands der Straße sicherlich zu Schadensersatzforderungen seitens der Anwohnerinnen und Anwohner kommen. Es wird dringend empfohlen, auch die Stellungnahme des Landesbetriebs Straßenwesen zu dem Vorhaben einzuholen, falls dies noch nicht erfolgt sein sollte.

2.

Die Lärmimmissionsprognose ist aus Sicht der Stadt Nauen bislang unvollständig, da hier die Ortsdurchfahrt Markee / Markau in keiner Weise berücksichtigt wurde. Es ist wenig glaubhaft, dass der Betreiber dauerhaft und verlässlich die Durchfahrung durch leere Lkw verhindern kann. Dann wird es aber angesichts der Betriebszeiten von Montag – Samstag in der Zeit von 07:00 bis 22:00 Uhr zu einer zusätzlichen Lärm- und Erschütterungsbelastung kommen, da insbesondere in den Abendstunden ab 18 Uhr und am Samstag nicht toleriert werden kann.

Es wird daher seitens der Stadt gefordert, dass die Lärmimmissionsprognose auch für die Ortslagen Markee und Markau im Hinblick auf die geplanten Betriebszeiten durchgeführt wird.

Darüber hinaus wird gefordert, dass ein Monitoring hinsichtlich der Lärmimmissionen nach Beginn der Wiederinbetriebnahme der SAD Röthehof erfolgt.

Um die Lärmbelastung der Anwohner in den umliegenden Orten zu reduzieren, wird seitens der Stadt Nauen gefordert, die Betriebszeit auf Montag – Freitag, 7:00 Uhr – 18:00 Uhr, und Samstag 8:00 Uhr – 18:00 Uhr zu begrenzen.

3.

Es wird eindringlich seitens der Stadt Nauen gefordert, die Staubbelastung der nächstgelegenen Wohngrundstücke in Neugarten und Röthehof auf ein absolutes Minimum zu begrenzen. Sollte der Antrag der MEAB auf Ertüchtigung und Erweiterung der SAD Röthehof insgesamt genehmigungsfähig sein, ist diese Genehmigung nach Auffassung der Stadt Nauen zwingend mit der Auflage zu versehen, dass bei Anlieferung und Abkippung der zu deponierenden Abfälle ständig eine Bewässerung erfolgt, um die Stäube zu binden. Dies macht die Abdichtungsmaßnahmen umso wichtiger, die dann auch den Anlieferungsbereich umfassen müssen.

4.

Die Trinkwasserschutzgebietszonen des Wasserwerks Nauen beginnt direkt nördlich der Bahnstrecke Berlin – Hannover, wie die in Punkt 1 eingefügte Planzeichnung (siehe oben) zeigt. Es wird seitens der Stadt Nauen darauf hingewiesen, dass das Wasserwerk Nauen die Trinkwasserversorgung eines Großteils der Nauener Bevölkerung sicherstellt. Es sind alle nur erdenklichen Vorkehrungen gegen eine Kontaminierung des Trinkwassers zu treffen. Es ist eine kontinuierliche Überwachung der Sicherungsmaßnahmen zu beauflagen.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass nach Kenntnisstand der Stadt Nauen auf einigen Grundstücken im Gemeindeteil Röthehof, nur ca. 450 m nordwestlich der Außengrenze der SAD Röthehof, die Trinkwasserversorgung durch eigenen Brunnen erfolgt.

Es wird dringend angeregt, die Stellungnahme des Wasser- und Abwasserverbands Havelland einzuholen, falls dies noch nicht erfolgt sein sollte.

5.

Der örtliche Träger des Brandschutzes verfügt nicht über Sonderlöschtechnik oder spezielle Löschmittel, die über die übliche Ausstattung zur Absicherung des Brandschutzes im regulären Einsatzgeschehen hinausgehen. Sämtliche vorhandene Ausrüstung und Technik sind auf den Bedarf der allgemeinen Gefahrenabwehr und Brandbekämpfung im kommunalen Rahmen ausgerichtet.

Es bestehen somit keine besonderen Kapazitäten oder Mittel, um im Brandfall auf spezifische Gefahrenlagen oder besondere Brandlasten, wie sie auf einer Sonderdeponie auftreten könnten, adäquat zu reagieren.

Aus diesem Grund wird angeregt, im weiteren Genehmigungsverfahren sicherzustellen, dass geeignete Maßnahmen und Vorkehrungen durch den Betreiber der Sonderdeponie getroffen werden, um den Brandschutz auf dem Gelände eigenständig und angemessen zu gewährleisten. Hierzu zählen insbesondere die Bereitstellung geeigneter Löschmittel und Spezialtechnik sowie die Implementierung entsprechender Schutzkonzepte.

6.

Aus Sicht der Stadt Nauen ist bereits die Standortbeschreibung auf S. 20, Kap. 4.1, des Erläuterungsberichts zu kritisieren. Danach soll das Vorhaben zwischen den Ortslagen Wustermark, Tremmen und Etzin realisiert werden. Obwohl das Vorhaben vollumfänglich im Bereich des Ortsteils Markee der Stadt Nauen umgesetzt werden soll, wird Markee nicht mal erwähnt.

Die zum geplanten SAD-Standort nächstgelegenen Gemeindeteile des Ortsteils Markee, Neugarten und Röthehof, mit insgesamt 56 Einwohnern (Stand 31.12.2024) liegen nur 450 – 500 m vom Deponiestandort entfernt. Markau ist ca. 1,9 km entfernt, deutlich näher als die in der Standortbeschreibung benannten Ortslagen Wustermark (ca. 4,6 km), Etzin (ca. 3,6 km) und Tremmen (ca. 3,6 km). Auch Wernitz ist mit ca. 3,5 km Entfernung deutlich weiter vom SAD-Standort entfernt als die Markeer Gemeindeteile.

Es drängt sich der Eindruck auf, dass die Antragsunterlagen die besondere Belastung des Ortstiels Markee mit seinen verschiedenen Gemeindeteilen möglichst erst gar nicht in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken wollen.

Dabei sei hier dann noch einmal darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Durchführung des Vorhabens in 23 – 32 Jahren Betriebsdauer, montags bis samstags von 7:00 Uhr bis 22:00 Uhr, täglich (im realistischen Szenario) 48 Lkw zur Deponie hin- und dann auch wieder zurückfahren werden, um während der genannten Betriebszeit insgesamt ca. 1,24 Mio. cbm gefährliche Abfälle auf dem Standort abzulagern. Da wäre schon zu erwarten gewesen, dass der Ortsteil Markee bei der Standortbeschreibung wenigstens erwähnt wird.

Fazit

Die Stadt Nauen lehnt die „Ertüchtigung und Erweiterung der SAD Röthehof um einen Deponieabschnitt der Deponieklasse III ab. Die Sonderabfalldeponie wurde 2019 mit abfallrechtlicher Plangenehmigung gesichert und rekultiviert. Sie jetzt wieder zu eröffnen, zu erweitern und weitere ca. 30 Jahre zu nutzen, ist für die ortsnahe Bevölkerung nicht zumutbar und setzt die Bewohnerinnen und Bewohner letztlich nicht beherrschbaren Gefahren aus. Es kann aus Sicht der Stadt Nauen nicht sein, dass im vergleichsweise dicht besiedelten Osthavelland eine bereits vor 100 Jahren (1924) eröffnete Sonderabfalldeponie weiter betrieben wird, nur weil dieser Standort ggf. abfallrechtlich einfacher zu handhaben ist. Der Betreiber und die beteiligten Bundesländer Berlin und Brandenburg sind aufgefordert, einen verträglicheren Standort zu suchen.

Bitte informieren Sie die Stadt Nauen über Ihre weiteren Entscheidungen.