Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat in zwei Eilverfahren über die Regelung der 3. SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung des Landes Brandenburg betreffend das Attest für eine Befreiung von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung entschieden.
In dem Verfahren OVG 11 S 132/20 hat der 11. Senat diese Regelung insoweit vorläufig außer Vollzug gesetzt, als das zum Nachweis vorzulegende ärztliche Zeugnis die konkret zu benennende gesundheitliche Beeinträchtigung (Diagnose) sowie konkrete Angaben beinhalten muss, warum sich hieraus eine Befreiung von der Tragepflicht ergibt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Die besondere Eilbedürftigkeit des Verfahrens lasse eine hinreichend verlässliche Einschätzung der Rechtmäßigkeit dieser Regelung nicht zu.
In Frage stehe bereits, ob der hiermit verbundene datenschutzrechtliche Eingriff im Infektionsschutzgesetz eine hinreichende Rechtsgrundlage findet. Die deshalb vorzunehmende Folgenabwägung gehe zulasten des Antragsgegners aus. Die Versagung des begehrten vorläufigen Rechtsschutzes habe für den Antragsteller zur Folge, dass er seine konkrete Diagnose und sich daraus ergebene Folgen an einer Vielzahl von nicht-öffentlichen Stellen (Geschäfte, öffentliche Verkehrsmittel, Arbeits- und Betriebsstätten, Büro- und Verwaltungsgebäude, Versammlungen unter freiem Himmel, religiöse Veranstaltungen) vor Ort offenbaren müsse.
Hierbei handele es sich aber um personenbezogene Gesundheitsdaten, die besonders sensibel seien und daher einem besonders hohen Datenschutz unterfielen. Soweit der Antragsteller befürchte, seine Gesundheitsdaten könnten durch Mund-Propaganda im Dorf schnell die Runde machen, sei dies nicht von der Hand zu weisen. Denn die Verordnung selbst bestimme nicht, dass die Personen, gegenüber denen der Nachweis zu erbringen sei, Stillschweigen über die Gesundheitsdaten zu bewahren haben. Auch sei die Preisgabe der erhobenen Gesundheitsdaten danach nicht bußgeldbewehrt.
Den Eilantrag eines weiteren Antragstellers gegen die Regelung, dass die Befreiung aus gesundheitlichen Gründen durch ein ärztliches Zeugnis „im Original“ nachzuweisen ist, hat der 11. Senat zurückgewiesen (OVG 11 S 138/20). Nach summarischer Prüfung erweise sich diese Regelung nicht als offensichtlich rechtwidrig, es bestünden keine ernstlichen Zweifel an ihrer Verhältnismäßigkeit. Selbst bei offenen Erfolgsaussichten der Hauptsache gehe die Folgenabwägung hier zulasten des Antragstellers aus. Das Mitführen des Original-Attestes führe zu keiner nennenswerten Belastung. Der Antragsteller könne der Gefahr des Verlustes oder der Beschädigung des Originals durch sorgfältige Behandlung entgegenwirken und sich ggf. ohne unverhältnismäßigen Aufwand ein Ersatz-Attest ausstellen lassen. Die bloße Vorlage einer Kopie würde hingegen die Kontrolle der Echtheit des Zeugnisses erschweren und die Gefahr eines Missbrauchs erhöhen, was mit Blick auf den gegenwärtigen Stand der Pandemie nicht gerechtfertigt sei. Die Beschlüsse sind unanfechtbar.
Beschlüsse vom 4. Januar 2021 – OVG 11 S 132/20 und 6. Januar 2021 – OVG 11 S 138/20
§ 2 Abs. 2 Nr. 3 der 3. SARS-CoV-2-EindV des Landes Brandenburg:
Von der Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung sind folgende Personen befreit:
1. …
2. …
3. Personen, denen die Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung wegen einer Behinderung oder aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist; dies ist vor Ort durch ein schriftliches ärztliches Zeugnis im Original nachzuweisen. Das ärztliche Zeugnis nach Satz 1 Nummer 3 muss mindestens den vollständigen Namen und das Geburtsdatum, die konkret zu benennende gesundheitliche Beeinträchtigung (Diagnose) sowie konkrete Angaben beinhalten, warum sich hieraus eine Befreiung von der Tragepflicht ergibt. …