Wie schon im vergangenen Jahr erlebte Berlin auch gestern einen weitestgehend friedlichen Maifeiertag. Die insgesamt 25 Versammlungen, an denen fluktuierend insgesamt etwa 55.000 Personen teilnahmen, verliefen überwiegend störungsfrei. Bis zu 5.600 Einsatzkräfte waren anlässlich der Versammlungslage über den Tag verteilt eingesetzt. Darunter befanden knapp 2.400 Polizistinnen und Polizisten aus Baden-Württemberg, Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Thüringen sowie Beamtinnen und Beamte der Bundespolizei, welche die Polizei Berlin unterstützten.

Zunächst startete der Deutsche Gewerkschaftsbund in den Vormittagsstunden seine traditionelle Demonstration zum 1. Mai. Sie begann gegen 11 Uhr in der Friedenstraße und erreichte kurz vor 13 Uhr den Endplatz am Roten Rathaus. Dort fand im Anschluss eine Kundgebung mit in der Spitze rund 14.000 Versammelten statt. Die Veranstaltung verlief weitestgehend störungsfrei. Noch vor Beginn des Aufzugs erfolgten von einer Gruppe Sprechchöre mit pro-palästinensischem Bezug. Durch Polizeieinsatzkräfte wurden gegenüber dieser Gruppe und der Versammlungsleitung kommuniziert, entweder eine eigene Versammlung anzuzeigen und sich aus der bestehenden Versammlung zu separieren oder unter Einstellung aller pro-palästinensischen Meinungskundgaben in der bestehenden Versammlung zu verbleiben.

Dazu wurden beschränkende Verfügungen bezüglich der mitgeführten Fahnen und Ausrufe erlassen. Im weiteren Verlauf gab es diesbezüglich auch durch den verstärkten Einsatz der Ordner zunächst keine weiteren Vorkommnisse. Gegen 11.50 Uhr kam es aus einem Personenblock von etwa 100 Personen erneut zu pro-palästinensischen Parolen und dem Zeigen von Plakaten. Nach rechtlicher Prüfung durch die Polizei wurde eine Strafbarkeit erkannt, so dass Ermittlungsverfahren wegen Volksverhetzung eingeleitet wurden. Dem Aufruf, am Vormittag vom Falkplatz aus mit einem Fahrradzubringerkorso unter dem Motto „Mit dem Rad zur Razzia!“ nach Grunewald zu radeln, folgten rund 2.600 Personen.

An einem weiteren Korso mit dem Titel „Radeln zur Razzia – Fahrradzubringer zur Demo Razzia im Villenviertel“ mit Start in der Behaimstraße nahmen etwa 40 Radlerinnen und Radler teil. Am Johannaplatz schlossen sie sich dem Aufzug mit dem Titel „Razzia im Grunewald – Kapitalverbrechen aufklären“ an, der gegen 13 Uhr begann. In der Spitze nahmen an der Demonstration etwa 4.500 Personen teil, die in ausgelassener Feierstimmung gegen 16.50 Uhr den Bahnhof Grunewald erreichte, wo die Versammlung schließlich gegen 18.10 Uhr beendet wurde. Im Rahmen des Korsos „Mit dem Rad zur Razzia“ kam es zu vier Sachbeschädigungen an hochwertigen Fahrzeugen, wozu in der Folge ein Tatverdächtiger ermittelt und festgenommen wurde.

Am S-Bahnhof Grunewald startete gegen 17.20 Uhr ein weiterer Fahrradkorso zum Thema „Musk zum Mars! Für eine sozial-ökologische Gesellschaft. Reichtum umverteilen, A100 stoppen, Verkehrswende jetzt!“ mit etwa 550 Teilnehmenden, der nach etwa einer Stunde sein Ziel am U-Bahnhof Gneisenaustraße erreichte. An drei Veranstaltungen, die am Mariannenplatz in Kreuzberg mit den Titeln „Heraus zum 1.Mai. Tanzen statt Arbeiten”, „1.Mai-Fest der LINKEN auf dem Mariannenplatz” und „Kundgebung zum Tag der Arbeit” stattfanden, nahmen von 10 Uhr bis kurz nach 22 Uhr mehrere tausend Personen teil. Es herrschte eine fröhliche und entspannte Stimmung. Am Oranienplatz setzten sich von circa 12.30 Uhr bis kurz vor 16 Uhr etwa 30 Personen für „Artikel 15 Berufsfreiheit und Recht zu arbeiten – Charta der Europäischen Union“ ein. „Mehr Wir, weniger Ich – Ein Aufruf zu mehr gesellschaftlichem Engagement und künstlerischer Vielfalt“ war das Motto einer Kundgebung, die ab 12 Uhr mit in der Spitze 5000 Teilnehmenden in der Ratiborstraße stattfand.

Bei sommerlichem Wetter waren die Grünanlagen und Parks in der Stadt am Nachmittag größtenteils sehr stark besucht. So musste der Volkspark Friedrichshain kurzfristig aufgrund von Überfüllung für weitere Besucher und Besucherinnen geschlossen werden. Im Görlitzer Park waren über 10.000 Menschen unterwegs, es herrschte Happening-Stimmung. Im Bereich Schlesischer Busch und Treptower Park wurden im Laufe des Tages mehrere Versammlungen angezeigt. In vielen Fällen ähnelte sich auch der gewählte Zeitraum dieser Versammlungsanzeigen. Obgleich unterschiedlichste Versammlungsthemen durch die jeweils Anzeigenden gewählt wurden, waren als Versammlungsmittel regelmäßig Musik- und Verstärkeranlagen sowie DJ-Pulte angegeben. So wurde der Eindruck vermittelt, dass es sich bei den angezeigten Versammlungen vielmehr um Musikveranstaltungen handeln würde.

Daher wurde festgelegt, dass auch aufgrund der räumlichen Auslastung und der Gegebenheiten vor Ort nicht mehr als vier Versammlungen gleichzeitig stattfinden dürfen und die Anzeigenden wurden auf andere Örtlichkeiten verwiesen. Gegen 15 Uhr begann am Spreewaldplatz eine Versammlung zum Thema „Jugend gegen Krieg und Krise“. Gegen 15.30 Uhr setzte sich der Aufzug mit etwa 120 Teilnehmenden in Bewegung, erreichte in der Spitze bis zu 140 Personen und erreichte gegen 16.20 Uhr den Endplatz am Südstern.

Es wurden strafrechtlich nicht relevante pro-palästinensische Parolen skandiert. Etliche Teilnehmende schlossen sich im weiteren Verlauf dem Aufzug „Revolutionärer 1.Mai 2024“ an. Etwa in der Spitze 50 Teilnehmende trafen sich ab circa 16.20 Uhr am Ernst-Reuter-Platz zu einer Kundgebung mit dem Titel „May Parade for Club Workers‘ Rights“. Ohne Vorkommnisse ging diese gegen 20.30 Uhr zu Ende. Kurz nach 16.30 Uhr begann die mit der Bezeichnung „Revolutionärer 1. Mai 2024“ angezeigte Versammlung am Südstern. In der Nähe der geplanten Wegstrecke hatten bislang Unbekannte Steindepots auf einem Dach angelegt, die im Vorfeld von Polizeikräften entdeckt und entfernt wurden. An einigen weiteren Örtlichkeiten entlang der Aufzugsstrecke stellte die Polizei weitere Gefahrenstellen fest, die so dann von Einsatzkräften überwacht wurden. Anlässlich dieser Demonstration hatte die Polizei Berlin Beschränkungen und Verbote nach dem Versammlungsfreiheitsgesetz Berlin ausgesprochen.

Diese bezogen sich unter anderem auf das Verbrennen von Fahnen und anderen Gegenständen, die Verherrlichung von Gewalttaten, Parolen und Aufrufe zum Hass gegenüber ethnischen oder religiösen Gruppen und Äußerungen, die eine Vernichtung des Staates Israel propagieren. Auch das Werben für bestimmte pro-palästinensische Gruppierungen und das Verwenden von Symbolen dieser Organisationen wurden im Vorfeld verboten. Als diese Beschränkungen gegen 17.30 Uhr den Versammlungsteilnehmenden zu Beginn der Veranstaltung mitgeteilt wurden, wurden polizeifeindliche Parolen gerufen. Gegen 18.30 Uhr setzte sich der Aufzug in Bewegung.

Im weiteren Verlauf wurde aus einzelnen Blöcken Pyrotechnik abgebrannt und es wurden erneut polizeifeindliche Parolen skandiert. Der Aufzug wurde durch die Polizei daraufhin mehrfach angehalten und mit der Versammlungsleitung Kontakt aufgenommen. Um kurz vor 19 Uhr befanden sich auf einem Dach eines Hauses in der Straße Hasenheide zwei Personen mit Sturmhauben, die einen Nebeltopf und Pyrotechnik abbrannten. Kurz darauf erfolgte ein Nebeltopfwurf auf Polizeieinsatzkräfte, die jedoch nicht getroffen wurden. Etwas mehr als eine halbe Stunde später wurde eine Person nach einem tätlichen Angriff auf Vollstreckungsbeamte durch einen Biss festgenommen.

Ein entsprechendes Ermittlungsverfahren wurde eingeleitet. Gegen 20.30 Uhr kam es in der Straße Hasenheide zu einem strafrechtlich relevanten pro-palästinensischen Ausruf. Als die tatverdächtige Person daraufhin durch Polizeieinsatzkräfte festgenommen werden sollte, leisteten Teilnehmende im Umfeld massiven Widerstand und wirkten aggressiv auf die Polizistinnen und Polizisten ein, so dass eine Einsatzkraft zu Boden gerissen wurde. Um sie aus dieser Situation zu befreien, wurden durch die Polizei Zwangsmaßnahmen in Form von Schieben und Drücken sowie Pfefferspray eingesetzt. Die Polizeieinsatzkraft erlitt Verletzungen am Knie, setzte ihren Dienst aber weiter fort. Die Person, die ursprünglich festgenommen werden sollte, konnte im Zuge der Notwehr- und Nothilfemaßnahmen unerkannt flüchten. Strafverfahren wegen Volksverhetzung und Landfriedensbruch wurden eingeleitet.

Nach der Abschlusskundgebung, die gegen 20.45 Uhr in der Straße Hasenheide begann, beendete die Versammlungsleitung die Versammlung gegen 21.25 Uhr. In der Spitze nahmen an der Demonstration circa 11.800 Personen teil. Im Zuge der Demonstration „Revolutionärer 1. Mai 2024“ gab es mit Stand 1. Mai 2024, 1.30 Uhr 18 vorläufige Festnahmen. Dabei handelte es sich um 12 Männer und sechs Frauen. Es wurden 22 Strafanzeigen wegen Volksverhetzung (10) gefährlicher und schwerer Körperverletzung (4), Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (2), Sachbeschädigung (2), schwerem Landfriedensbruch (1), Beleidigung (1), öffentlicher Aufforderung zu Straftaten (1) sowie Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen gefertigt. Mit Stand vom 2. Mai 2024, 1.30 Uhr nahm die Polizei in der gesamten Einsatzzeit 34 Personen, davon 24 Männer und 10 Frauen, vorläufig fest.

Bis auf eine Person, die zu erkennungsdienstlichen Maßnahmen in einen Polizeigewahrsam und danach wieder auf freien Fuß kam, wurden alle weiteren Personen noch am Einsatzort wieder entlassen. Es wurden insgesamt 39 Ermittlungsverfahren, unter anderem wegen Volksverhetzung (12), Sachbeschädigung (6), gefährlicher und schwerer Körperverletzung (5), Körperverletzung (5), Beleidigung (3), Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (2), tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte (2), schwerem Landfriedensbruch (1), öffentlicher Aufforderung zu Straftaten (1), Verstoßes Luftverkehrsgesetz (1) sowie Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen (1) eingeleitet. Fünf Polizeieinsatzkräfte erlitten bei dem Einsatz Verletzungen. Alle konnten ihren Dienst dennoch fortsetzen. Die Polizeipräsidentin, Frau Dr. Barbara Slowik, hält zur Einsatzbilanz fest: „Hinter uns liegt der friedlichste 1. Mai seit 1987.

Die Menschen in Berlin haben ausgelassen gefeiert und ihre Meinungen teils sehr laut und emotional, aber überwiegend gewaltfrei auf die Straße gebracht. Zu diesem positiven Verlauf haben nach meiner Einschätzung die umfangreiche präventive Arbeit vieler Akteure im Vorfeld, unsere gewaltabschöpfenden polizeilichen Maßnahmen und unser seit Jahren gelebtes Einsatzkonzept der „ausgestreckten Hand“ beigetragen. Im Dialog mit den Versammlungsleitungen wurden die Kundgebungen und Aufzüge durch uns deeskalierend und durch konsequentes Einschreiten gegen Personen, welche die Versammlungen störten oder Straftaten begingen, geschützt.

Ich danke allen eingesetzten Berliner Kolleginnen und Kollegen sowie unseren Unterstützungskräften aus den Bundesländern und von der Bundespolizei für ihr versammlungs- und bürgerfreundliches, professionelles Auftreten und Handeln. Unseren verletzten Kollegen und der verletzten Kollegin wünsche ich eine schnelle Genesung.“