Havelland: Das Kopenhagener Büro ADEPT ist Gewinner der Ideenwerkstatt für die künftige Gestaltung des Bahnhofsquartiers. Am Mittwoch stellte das Büro im Rathaus den Siegerentwurf der Öffentlichkeit vor, der kürzlich von einer Jury einstimmig gekürt wurde. Bei dem Gebiet handelt es sich um die Fläche nördlich des Bahnhofs bis zur Ludwig-Jahn-Straße, dort, wo derzeit noch zahlreiche Flächen brachliegen. Im Westen wird das Gebiet von der Graf-Arco-Straße (B 273) begrenzt.
„Wir stehen am Anfang eines Prozesses“, machte Bürgermeister Manuel Meger (LWN) deutlich. Das Bahnhofsquartier könne sich nun positiv entwickeln, und verwies auf die Anfrage, den steigenden Einwohnerzahlen Nauens gerecht zu werden. „Mit dem neuen Investor, Herrn Weiß von der Firma Glockenweiß, haben wir jemanden gefunden, der mit seinen Plänen in unseren Fachabteilungen auf offene Ohren gestoßen ist“, schilderte der Bürgermeister den Zuhörern – darunter auch neue und alte Stadtverordnete, die die Präsentation mit großer Aufmerksamkeit verfolgten.
Wie wird das künftige Bahnhofsquartier aussehen? „Wir wollen kein Kistenquartier bauen - im schlimmsten Fall nur für die Berliner, die in Berlin keine Wohnungen mehr finden“, sagte Christopher Weiß von der Firma Glockenweiß, die den Wettbewerb initiiert hatte. „Wir haben sehr viele Gespräche mit den Eigentümern der Grundstücke, mit den Nachbarn und Gewerbetreibenden sowie mit der Deutschen Bahn“, so Weiß. Der Entwurf sei flexibel und schaffe es, auf die Bedarfe und Interessen der Eigentümer einzugehen. Die Stadtplanerin Tanja Jauernig von ADEPT beleuchtete in ihrer Präsentation zahlreiche Details des Masterplans, der „als Werkzeug zur Weiterentwicklung“ dienen soll.“ Die Landschaft mit dem nahegelegenen Kanal soll mit in die Planung einbezogen werden. „Wir haben eine grüne Achse vorgesehen, die von Nord nach Süd verläuft“, sagte sie.
Die Straße „Am Schlangenhorst“ dient als zentrale Längsachse. Das alte Gaswerk, das die Stadt 2018 an die Firma terraplan verkauft hatte, wird ebenfalls in den Masterplan integriert. Hier soll künftig der Eingangsbereich des Quartiers entstehen. Bei der Entwicklung spielt das Thema Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. „Wie nutzt man das das Wasser, wo kann man Energie gewinnen? Entlang der Gleise soll eine weitere grüne Achse angelegt werden, die in Ost-West-Richtung verläuft“, erläuterte sie.
In der zentralen Achse entsteht ein Retentionsraum, der die unterschiedlichen Wasserstände als gestalterisches Element einsetzt. Anschließend wird das Erschließungssystem angelehnt an die landschaftlichen Strukturen in das Gebiet implementiert. So entstehen zahlreiche Verbindungen in das bestehende Netzwerk. Im Anschluss werden die Bestandsgebäude erhalten, da sie zum einen das historische Gedächtnis des Gebiets beinhalten und somit identitätsprägend sind. Zum anderen sind die neuen Gebäude ein Zeichen der attraktiven Lage des Gebiets und sind auch aus nachbarschaftlicher Sicht in das Projekt zu integrieren. „Abschließend bildet ein Mix aus Typologien in Stadtbausteinen mit einer gemischten Nutzungsstruktur ein robustes städtebauliches Gerüst, welches flexibel auf zukünftige Herausforderungen reagieren kann“, so die Stadtplanerin.
Auch ist eine Parkgarage nahe der Bahnanlage geplant, aber auch Räume, wo sich die Menschen begegnen. Dies könnte etwa ein zentraler Ort südlich der Straße Am Schlangenhorst sein. Separate Fuß- und Radwege sollen durch das Gebiet führen. Vier verschiedene Gebäudeformen schlägt das Architektenbüro vor, beispielsweise Wohnungen in Blöcken, die einen Innenhof bilden, oder aber ein verdichteter Reihenhaus-Komplex – ebenfalls mit Innenhof, wo Gärten Platz haben. Auch eine lockere Hausanordnung ist denkbar. Die Nachfrage wird später entscheiden, welche Variante umgesetzt wird. Später – die Rede ist von acht bis zehn Jahren - könnten 500 bis 700 Wohnungen entstehen.
Wie geht es weiter? „Wir werden jetzt die Präsentation jedem Einzeleigentümer vorstellen und mit ihnen konkret über ihre Absichten sprechen“, erklärte Christopher Weiß. Vielleicht wollen diese ja selber bauen oder ihr Grundstück verkaufen. „Vielleicht kann es ja am alten Gaswerk in ein bis zwei Jahren losgehen“, auch werde man Gespräche mit der Deutschen Bahn führen um möglicherweise die Bahnflächen temporär nutzen zu können, blickte Weiß voraus. Dr. Bert Lehmann, Fachbereichsleiter Bau der Stadt, blickt ebenfalls optimistisch in die Zukunft. „Die Orte, die vorhanden sind, werden genutzt und weiterentwickelt. Wichtig ist uns auch, dass der Masterplan ein Werkzeug ist, den es jetzt zu nutzen gilt. Den Plan weiterzuentwickeln und so kompatibel zu machen, dass die Eigentümer mitgehen.“
Gerichtet an die Stadtverordneten sagte Lehmann: „Wir haben jetzt die Chance, diesen Plan in den nächsten Jahren weiterentwickeln zu können. Wir sprechen von zehn Jahren, vielleicht werden auch nur zwei Drittel des Plans umgesetzt werden können, weil Eigentümer nicht mitmachen wollen.“ Er sei froh, dass die Aufmerksamkeit auf ein Quartier fällt, das über Jahrzehnte vernachlässigt wurde, nun privat angeschoben werde. Bei 30.000 Quadratmetern kann man da schon eine Menge machen. Der Startschuss ist gesetzt“, unterstrich Lehmann.