Der 15. Juni ist Stichtag für alle Deutschen, die sich nach den wochenlangen Corona-Einschränkungen in die Ferne wünschen. Denn heute hebt die Bundesregierung die Reisewarnung für den Großteil der europäischen Staaten sowie für Großbritannien, Island, Liechtenstein und die Schweiz auf. Für Spanien entfällt die Reisewarnung voraussichtlich erst am 21. Juni, auch für Norwegen gibt es noch Verzögerungen. An die Stelle der Reisewarnung treten Reisehinweise. Die Fahrt in viele Urlaubsregionen wird damit wieder möglich. Was Urlauber bei der Planung beachten sollten und welche Rechte sie haben, weiß Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH.
Unterschiedliche Bestimmungen in den Urlaubsländern
Das Reiseziel im Sommer 2020 will gut überlegt sein: Auch wenn es ab dem 15. Juni meist nur noch Reisehinweise gibt, heißt das nicht, dass ein touristischer Aufenthalt ohne Einschränkungen möglich ist. In Großbritannien etwa besteht aktuell eine zweiwöchige Quarantänepflicht für Einreisende. Es kann auch vorkommen, dass ein Land seine Grenzen öffnet, aber bestimmte Regionen aufgrund vermehrter Erkrankungen für Urlauber sperrt – so zum Beispiel Dänemark. „Wer ins Ausland reist, sollte zudem bedenken, dass sich die Schutzmaßnahmen am Urlaubsort jederzeit ändern können“, betont Michaela Rassat. Eine pauschale Quarantänepflicht besteht für deutsche Rückkehrer aus EU-Staaten sowie aus dem Schengen-Raum und Großbritannien vorerst nicht mehr. „Allerdings können die einzelnen Bundesländer erneut eine Quarantäne für Urlauber einführen, wenn es die Lage in den Nachbarländern erfordert“, so die ERGO Juristin. Insbesondere für Rückkehrer aus Schweden wird es in mehreren Bundesländern weiter eine Quarantänepflicht geben, weil dort die Infektionszahlen steigen. Tipp: Bei der Reiseplanung regelmäßig die Reise- und Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amts prüfen.
Wenn der Urlaubsort nicht mehr erreichbar ist
Pauschalurlauber können ihre Reise kostenlos stornieren, wenn unvermeidliche, unvorhergesehene Umstände sie verhindern. Gutscheine oder Umbuchungen müssen sie nicht akzeptieren. Reisende, die vor Corona gebucht haben, können sich darauf berufen, wenn das Urlaubsland einen Einreisestopp verhängt oder die Unterkunft nun in einem Sperrgebiet liegt. „Eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes berechtigt nicht automatisch zur Stornierung, ist jedoch ein starkes Indiz für das Vorliegen besonderer Umstände“, erläutert Michaela Rassat. Ab dem 15. Juni kommt es nun darauf an, ob für das einzelne Land eine Reisewarnung ausgesprochen wird oder welche Einreisehindernisse bestehen. Ob sich Reisende auch bei jetzt neu gebuchten Reisen darauf berufen können, dass Reisebeschränkungen infolge des Coronavirus überraschend kommen, ist unklar und gerichtlich nicht geklärt.
Neue Einschränkungen sind nirgendwo ausgeschlossen. Hier empfiehlt es sich, die Stornobedingungen des Reiseveranstalters genau zu studieren. Auch die Entwicklung im Reiseland sollten Urlauber vor der Abreise im Auge haben. Für Individualurlauber gilt: „Auch sie können ihr Geld zurückverlangen, wenn die Reise nicht mehr möglich und die Buchung über einen deutschen Anbieter erfolgt ist. Wenn sie stattdessen direkt beim Hotel oder Mietwagenanbieter im Ausland gebucht haben, greift das Recht des jeweiligen Urlaubslands“, so die ERGO Juristin. Immerhin: Die Kosten für den Flug bekommen sie zurückerstattet, wenn die Fluggesellschaft den Flug absagt, weil sie wegen des Coronavirus das Ziel nicht mehr anfliegen kann. Eine zusätzliche Entschädigung gibt es jedoch nicht. Sagen Urlauber den Flug selbst ab, gelten die Geschäftsbedingungen der Airline.
Plötzlich Quarantäne: Wer bezahlt bei einer Pauschalreise?
Doch selbst wer sich vorab gründlich informiert, hat keine Garantie, dass der Urlaub wie geplant abläuft: Was ist, wenn sich der Aufenthalt in der Ferienunterkunft unfreiwillig verlängert, weil andere Urlauber in der Hotelanlage erkrankt sind? „Pauschalurlauber sollten sich in diesem Fall sofort an ihren Veranstalter wenden“, informiert Rassat. Unter Umständen steht ihnen dann eine Minderung des Reisepreises zu, weil die angeordnete Quarantäne als Mangel gewertet werden kann. Voraussetzung ist aber das sofortige Melden des Mangels vor Ort. Zudem hat der Veranstalter nach § 651q BGB eine sogenannte Beistandspflicht. Das bedeutet, dass er dabei helfen muss, einen späteren Rückflug zu organisieren. Fallen bei einer Pauschalreise Kosten für einen verlängerten Hotelaufenthalt an, ist ebenfalls der Veranstalter der erste Ansprechpartner. Nach § 651k Abs. 4 BGB trägt der Reiseveranstalter die Kosten für die ersten drei zusätzlichen Übernachtungen. Wer für längere Zwangs-Aufenthalte über den Abreisetermin hinaus zahlt, ist gerichtlich noch nicht eindeutig geklärt.
Traumurlaub – aber mit Abstrichen
Auch wenn Urlaub grundsätzlich wieder möglich ist, müssen Urlauber vor Ort mit einigen Einschränkungen rechnen. Die ERGO Rechtsexpertin empfiehlt: „Vor der Buchung ist es sinnvoll, sich als Pauschalreisender beim Veranstalter oder als Individualreisender beim Hotel oder dem Vermieter der Ferienwohnung zu erkundigen, ob es Besonderheiten gibt oder einzelne Leistungen wegfallen. So vermeiden Urlauber unangenehme Überraschungen.“ Mancherorts sind beispielsweise Strände gesperrt oder nur für eine bestimmte Personenanzahl geöffnet. Es kann auch sein, dass Urlauber Wellnessangebote nicht nutzen können. „Mit Hygienemaßnahmen, Begrenzungen der Personenzahl in Räumen oder Maskenpflicht müssen Reisende derzeit überall rechnen. Ein Reisemangel dürfte hier in der Regel nicht vorliegen. Anders kann es sein, wenn ausdrücklich gebuchte Leistungen ausfallen und der Veranstalter nicht vorher darauf hingewiesen hat, etwa eine Wellness-Behandlung“, so die ERGO Juristin. Liegt ein Mangel vor, gilt auch hier: Bei Pauschalreisen umgehend vor Ort den Veranstalter informieren und um Abhilfe bitten. Dieser ist dann zur Beseitigung des Mangels verpflichtet. Ist dies nicht möglich, kann der Urlauber eine Reisepreisminderung geltend machen.
Das Hotel hat außerdem dafür zu sorgen, dass die Corona-Regelungen des jeweiligen Landes eingehalten werden. Ist das nicht der Fall, kann ebenfalls ein Reisemangel vorliegen und auch dann können Pauschalreisende vom Veranstalter Abhilfe verlangen. Klappt das nicht, kann dies einen Hotelwechsel bedeuten. Individualreisende sollten sich bei Mängeln direkt an den Hotelbetreiber wenden.