Im Übrigen steht diese Richtlinie einer nationalen Regelung entgegen, die die Finanzierung dieser Kosten den Nutzern von nach ihrem Inkrafttreten in Verkehr gebrachten Photovoltaikmodulen auferlegt Vysočina Wind ist eine tschechische Gesellschaft, die ein Solarkraftwerk betreibt, das mit Photovoltaikmodulen ausgestattet ist, die nach dem 13. August 2005 in Verkehr gebracht wurden. Entsprechend der im tschechischen Gesetz Nr. 185/2001 über Abfälle (im Folgenden: Abfallgesetz)1 vorgesehenen Verpflichtung beteiligte sie sich an der Finanzierung der Kosten für die Bewirtschaftung von Abfällen aus Photovoltaikmodulen und zahlte in den Jahren 2015 und 2016 dafür Beiträge.

Vysočina Wind ist jedoch der Ansicht, dass diese Beitragspflicht auf einer nicht ordnungsgemäßen Umsetzung der Richtlinie 2012/19 über Elektro- und Elektronik-Altgeräte2 beruhe und die Zahlung dieser Beiträge einen Schaden darstelle, und erhob deshalb vor den tschechischen Gerichten eine Schadensersatzklage gegen die Tschechische Republik. In diesem Rahmen machte Vysočina Wind geltend, dass die Bestimmung des Abfallgesetzes, die eine Beitragspflicht für die Nutzer von Photovoltaikmodulen vorsehe, gegen Art.13 Abs. 1 der Richtlinie über Elektro- und ElektronikAltgeräte verstoße, der den Herstellern von Elektro- und Elektronikgeräten und nicht ihren Nutzern die Finanzierung der Kosten für die Bewirtschaftung von Abfällen aus Geräten auferlege, die nach dem 13. August 2005 in Verkehr gebracht worden seien. Nachdem der Klage von Vysočina Wind sowohl im ersten Rechtszug als auch in der Berufungsinstanz stattgegeben worden war, legte die Tschechische Republik Kassationsbeschwerde beim Nejvyšší soud (Oberstes Gericht, Tschechische Republik) ein.

Der von diesem Gericht um Vorabentscheidung ersuchte Gerichtshof äußert sich in der Zusammensetzung als Große Kammer zum einen zur Auslegung und zur Gültigkeit von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte und präzisiert zum anderen die Voraussetzungen für die Haftung eines Mitgliedstaats für einen Verstoß gegen das Unionsrecht im Kontext der Umsetzung einer Richtlinie.

Würdigung durch den Gerichtshof

Durch eine wörtliche Auslegung der Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte bestätigt der Gerichtshof erstens, dass Photovoltaikmodule Elektro- und Elektronikgeräte im Sinne dieser Richtlinie darstellen, so dass gemäß ihrem Art. 13 Abs. 1 die Finanzierung der Kosten für die

Bewirtschaftung von Abfällen aus ab dem 13. August 2012, dem Datum des Inkrafttretens dieser Richtlinie, in Verkehr gebrachten Photovoltaikmodulen den Herstellern dieser Module obliegen muss und nicht, wie es die tschechische Regelung vorsieht, ihren Nutzern. Zweitens prüft der Gerichtshof die Gültigkeit von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte, soweit diese Bestimmung für Photovoltaikmodule gilt, die nach dem 13. August 2005 in Verkehr gebracht wurden, also zu einem Zeitpunkt vor dem Inkrafttreten dieser Richtlinie. Insoweit weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass der Grundsatz der Rechtssicherheit zwar der Anwendung einer neuen Rechtsvorschrift auf einen vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossenen Sachverhalt entgegensteht, dass aus seiner Rechtsprechung aber auch folgt, dass eine neue Rechtsvorschrift unmittelbar auf die künftigen Wirkungen unter dem alten Recht entstandener Rechtspositionen sowie auf neue Rechtspositionen Anwendung findet.

Somit prüft der Gerichtshof, ob die Anwendung der in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie über Elektround Elektronik-Altgeräte niedergelegten Rechtsvorschrift, wonach die Hersteller und nicht die Nutzer verpflichtet sind, die Finanzierung der Kosten für die Bewirtschaftung von Abfällen aus nach dem 13. August 2005 in Verkehr gebrachten Photovoltaikmodulen sicherzustellen, wenn diese Module ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens der Richtlinie Abfälle wurden oder werden, geeignet ist, einen vor dem Inkrafttreten dieser Richtlinie abgeschlossenen Sachverhalt zu beeinträchtigen, oder ob diese Anwendung vielmehr die künftigen Auswirkungen eines vor dem Inkrafttreten dieser Richtlinie entstandenen Sachverhalts regeln soll.

Da die Unionsregelung, die vor dem Erlass der Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte galt, den Mitgliedstaaten die Wahl ließ, die Kosten für die Bewirtschaftung von Abfällen aus Photovoltaikmodulen entweder dem derzeitigen oder früheren Abfallbesitzer oder dem Hersteller oder Vertreiber der Module aufzuerlegen, wirkte sich diese Richtlinie in den Mitgliedstaaten, die sich dafür entschieden hatten, diese Kosten den Nutzern von Photovoltaikmodulen und nicht ihren Herstellern aufzuerlegen, wie dies in der Tschechischen Republik der Fall war, auf vor ihrem Inkrafttreten abgeschlossene Sachverhalte aus.

Hierzu führt der Gerichtshof aus, dass eine neue Rechtsvorschrift, die auf zuvor abgeschlossene Sachverhalte anwendbar ist, nicht als mit dem Verbot der Rückwirkung von Rechtsakten vereinbar angesehen werden kann, wenn sie die Verteilung von Kosten, deren Eintritt nicht mehr vermieden werden kann, nachträglich und unvorhersehbar ändert. Im vorliegenden Fall waren die Hersteller von Photovoltaikmodulen jedoch nicht in der Lage, bei der Konzeption der Photovoltaikmodule vorherzusehen, dass sie später verpflichtet sein würden, die Finanzierung der Kosten für die Bewirtschaftung von Abfällen aus diesen Modulen sicherzustellen.

In Anbetracht dieser Erwägungen erklärt der Gerichtshof Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte für ungültig, soweit diese Bestimmung den Herstellern die Finanzierung der Kosten für die Bewirtschaftung von Abfällen aus Photovoltaikmodulen auferlegt, die zwischen dem 13. August 2005 und dem 13. August 2012 in Verkehr gebracht wurden. Drittens legt der Gerichtshof dar, dass der Umstand, dass in das Abfallgesetz mehr als einen Monat vor dem Erlass der Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte eine Bestimmung eingefügt wurde, die für die Nutzer von Photovoltaikmodulen eine im Widerspruch zu dieser Richtlinie stehende Beitragspflicht vorsieht, als solcher keinen Verstoß der Tschechischen Republik gegen das Unionsrecht darstellt, da die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Ziels nicht als ernsthaft beeinträchtigt angesehen werden kann, bevor die Richtlinie Teil der Unionsrechtsordnung ist.

Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.

Urteil in der Rechtssache C-181/20

VYSOČINA WIND