Das Bundesarbeitsgericht hat den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um die Auslegung des Unionsrechts zu der Frage ersucht, ob ein der katholischen Kirche zugeordneter Arbeitgeber, der von den bei ihm tätigen Arbeitnehmern im Übrigen nicht verlangt, dass sie der katholischen Kirche angehören, das Arbeitsverhältnis allein aufgrund der Beendigung der Mitgliedschaft zur katholischen Kirche kündigen darf, wenn der Arbeitnehmer während des Arbeitsverhältnisses aus der katholischen Kirche austritt.

Ein im Jahr 2022 eingeleitetes Vorabentscheidungsverfahren mit einem ähnlichen Gegenstand ist durch ein Anerkenntnis der Arbeitgeberin gegenstandslos geworden (vgl. Pressemitteilung Nr. 48/23).

Der beklagte Verein ist ein Frauen- und Fachverband in der katholischen Kirche in Deutschland, der sich der Hilfe für Kinder, Jugendliche, Frauen und ihre Familien in besonderen Lebenslagen widmet. Zu seinen Aufgaben gehört die Beratung von schwangeren Frauen. Die Klägerin ist bei dem Beklagten seit dem Jahr 2006 in der Schwangerschaftsberatung beschäftigt.

Von Juni 2013 bis zum 31. Mai 2019 befand sie sich in Elternzeit. Die Klägerin erklärte im Oktober 2013 vor einer kommunalen Behörde ihren Austritt aus der katholischen Kirche. Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis nach Beendigung der Elternzeit am 1. Juni 2019 außerordentlich ohne Einhaltung einer Frist, hilfsweise ordentlich zum 31. Dezember 2019. Zuvor hatte der Beklagte erfolglos versucht, die Klägerin zum Wiedereintritt in die katholische Kirche zu bewegen.

Zum Zeitpunkt der Kündigung beschäftigte der Beklagte in der Schwangerschaftsberatung vier Arbeitnehmerinnen, die der katholischen Kirche und zwei Arbeitnehmerinnen, die der evangelischen Kirche angehörten.

Die Vorinstanzen haben beide Kündigungen für unwirksam gehalten. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat das Verfahren über die Revision des Beklagten ausgesetzt und den EuGH um die Beantwortung von Fragen zur Auslegung des Unionsrechts ersucht. Es bedarf

der Klärung, ob die Ungleichbehandlung der Klägerin mit Arbeitnehmern, die niemals Mitglied der katholischen Kirche waren, vor dem Hintergrund des durch Art. 10 Abs. 1, Art. 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf gewährleisteten Schutzes vor Diskriminierungen ua. wegen der Religion gerechtfertigt sein kann.

Der genaue Wortlaut der Vorlagefragen ist nachzulesen auf www.bundesarbeitsgericht.de unter dem Menüpunkt „Sitzungsergebnisse“.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 1. Februar 2024 – 2 AZR 196/22 (A) –
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 1. März 2022 – 8 Sa 1092/20 –