Als direkte Nachbarstaaten haben sich Deutschland und die Schweiz auch aufgrund ihrer kulturellen Überschneidungen in den letzten Jahrzehnten sehr ähnlich entwickelt, was beispielsweise die Infrastruktur, das Bildungssystem oder die Gesundheitsversorgung betrifft. Das erklärt auch, warum viele Deutsche bei einer Auswanderung in die Schweiz so leicht Fuß fassen. In anderen Bereichen jedoch zeigen sich teilweise erhebliche Unterschiede.
Der Glücksspielmarkt beider Länder ist hierfür ein sehr gutes Beispiel. Denn obwohl dieser auf beiden Seiten der gemeinsamen Grenze von offizieller Stelle reguliert wird, wirkt sich dies doch abweichend auf das verfügbare Angebot aus. Interessanterweise kämpfen beide Regierungen dennoch mit den gleichen Herausforderungen in diesem Zusammenhang, nämlich der Eingrenzung des Schwarzmarkts und der Gewährleistung hoher Spielerschutzstandards.
Welche Art von Glücksspiel ist überhaupt zulässig?
Man ist sich einig darin, dass ein so sensibles Geschäftsfeld wie das Glücksspiel strenge Rahmenbedingungen von staatlicher Seite braucht, um in geordneten Bahnen zu verlaufen. Das gilt umso mehr, seit aufgrund des rasanten technologischen Fortschritts eine immer stärkere Verschiebung auf den wachsenden Online-Sektor feststellbar ist. Es wird daher nicht dem freien Markt überlassen, sich selbst über Angebot und Nachfrage zu regeln. Stattdessen bestimmt die Gesetzgebung, welche Art Glücksspiel unter Einhaltung welcher Bedingungen als legal gilt.
In Deutschland sind lokale Glücksspielbetriebe wie Spielbanken und Spielhallen oder auch Automaten in der Gastronomie mit entsprechender Genehmigung erlaubt, ohne dass es hierbei eine zahlenmäßige Beschränkung gibt. Darüber hinaus dürfen virtuelle Automatenspiele, digitale Sportwetten und Online-Poker auch von privaten Unternehmen angeboten werden, sofern diese erfolgreich das erforderliche Lizenzierungsverfahren durchlaufen.
In der Schweiz herrscht weiterhin ein staatliches Monopol, weshalb keinerlei private Betreiber zugelassen werden und die Vielfalt damit per se eingeschränkt wird. Es ist also nur den staatlich konzessionierten Spielbanken vorbehalten, digitale Glücksspielseiten oder Portale für Sportwetten zu betreiben. Damit wirtschaften nicht nur die landbasierten Einrichtungen, sondern auch die besten Online Casinos in der Schweiz in die Staatskasse.
Ein Vergleich in Zahlen – was fällt auf?
Spannend ist, dass in Deutschland mit circa 83,45 Millionen Einwohnern im Jahr 2023 ein gesamter Bruttospielertrag in Höhe von rund 14,3 Milliarden Euro erzielt wurde – die Schweiz kam auf rund 2,18 Milliarden Euro, verfügt währenddessen jedoch nur über 8,96 Millionen Einwohner. Die Schweizer investieren somit deutlich mehr Spieleinsätze pro Kopf, natürlich ist aber auch das Preisniveau höher und zahlreiche Touristen aus dem Ausland suchen die Casinos in der Schweiz auf.
In Deutschland trägt neben der staatlichen Lotterie vor allem die hohe Frequenz von Online Spielotheken zu diesem Gesamtergebnis bei, in der Schweiz sind hingegen sowohl Lotterien als auch Buchmacher prozentual am stärksten beteiligt.
Entscheidend zu bedenken ist bei diesen Zahlen, dass es sich lediglich um den legalen Markt in beiden Ländern handelt, daneben jedoch auch gewaltige Umsätze von unzulässigen Anbietern zusammenkommen. Diese können allerdings nicht erfasst werden und lassen sich damit nur unheimlich schwer einschätzen.
Wie steht es um den jeweiligen Rechtsrahmen?
Die aktuell gültigen Glücksspielgesetze sind aufgrund der jeweiligen Historie zustande gekommen und in beiden Ländern bereits einigen Reformen unterzogen worden, um den sich ändernden Voraussetzungen am Markt besser zu entsprechen.
Dennoch ergeben sich dabei Lücken im System und Kritiker bemängeln zahlreiche Unzulänglichkeiten, die eine langfristig erfolgreiche Regulierung schwierig machen.
Der Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) in Deutschland
Seit Juli 2021 ist mit diesem Gesetz die Legalisierung von Online-Glücksspiel möglich, sofern Anbieter die vorgeschriebenen Einschränkungen erfüllen, um seitens der zuständigen Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder (GGL) eine offizielle deutsche Lizenz zu erhalten.
Hierzu zählt unter anderem, ein monatliches Einzahlungslimit zu berücksichtigen, sich an die Spielersperrdatei OASIS anschließen zu lassen, strikte Identitätskontrollen zur Einhaltung des Jugendschutzes durchzuführen und die Werbeaktivitäten zu minimieren.
Das Prüfverfahren verpflichtet Bewerber darüber hinaus, ihre Zahlen offenzulegen, Erfahrung im regulierten Glücksspielmarkt nachzuweisen und regelmäßigen Kontrollen ihrer Zufallsgeneratoren zuzustimmen. Zudem werden Online-Slots mit Demo-Modus ebenso verboten wie progressive Jackpots. Die angebotene Spieleauswahl schrumpft damit deutlich zusammen und viele Spieler empfinden lizenzierte Anbieter leider als wenig attraktiv.
Das Bundesgesetz über Geldspiele (BGS) in der Schweiz
Staatliche Spielbanken brauchen für den Betrieb eine offizielle Konzession, von denen aktuell nur maximal 22 ausgegeben werden dürfen und deren Kontrolle der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) unterliegt. Da Konzessionen eine Gültigkeit von 20 Jahren umfassen und die meisten von ihnen erst kürzlich erneuert wurden, ist diesen Betrieben der Fortbestand bis zum Jahr 2044 sicher.
Seit 2019 sieht das BGS vor, Glücksspiel-Plattformen im Internet prinzipiell zu ermöglichen. Diese müssen jedoch ebenfalls von einer konzessionierten Spielbank betrieben werden, welche hierfür zunächst eine zusätzliche Konzessionserweiterung bei der ESBK zu beantragen hat. Momentan stehen 12 der insgesamt 22 Spielbetriebe solche Erweiterungen zum Online-Betrieb zu. Einzahlungslimits gibt es bis dato keine, doch die Werbung für zulässige Angebote ist ebenfalls stark limitiert.
Private Unternehmen haben innerhalb der Schweiz keinerlei Chance, sich am legalen Geschäft zu beteiligen, weil dieses einzig in Staatshand bleibt. Formell soll der geschlossene Markt den Wettbewerb regeln und Spieler schützen. Das damit weiterhin existierende Monopol wird von vielen allerdings nicht nur als völlig überholt betrachtet, sondern wirft berechtigterweise auch Fragen bezüglich der neutralen Branchenaufsicht auf, da offensichtlich zu viele eigene wirtschaftliche Interessen involviert sind.
Welche Wege beim Spielerschutz verfolgt werden
Übereinstimmung herrscht währenddessen darüber, dass zum einen das Problem wachsender Spielsucht angegangen werden muss und Verbraucher ganz praktische Unterstützung brauchen, um verantwortungsvoll mit ihren Finanzen umzugehen. Daher kommt in beiden Ländern ein Sperrsystem zum Einsatz, das mithilfe von KI-Technologie auffälliges Spielverhalten erkennen und Betroffene frühzeitig sperren kann.
Parallel dazu kontrollieren die Schweizer ihre Spieler auch im stationären Casinobetrieb und haben diese Kontrolle kürzlich durch ein bilaterales Abkommen auch auf Liechtenstein ausgeweitet. Um den unweigerlich sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz wachsenden Schwarzmarkt in den Griff zu bekommen, arbeitet die GGL in Deutschland mit Lizenzen und Strafverfahren, wobei die Schweizer illegale Plattformen einfach direkt durch technische Netzsperren blockieren.
Man ist sich allerdings darüber im Klaren, dass Nutzer diese inzwischen auch bewusst zu umgehen wissen und das Problem damit nicht verschwindet. Insofern werden beide Staaten in Zukunft noch effektivere Wege finden müssen.