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Für Deutschland scheint die Digitalisierung weiterhin Neuland zu bleiben. Nicht nur die Regierung rund um Angela Merkel hat auf diesem Gebiet versagt. Der Digitalminister Volker Wissing hat ebenfalls nicht das umgesetzt, was er vorgehabt hat.

Geblieben sind Durchhalteparolen

Der Plan war klar: Deutschland sollte zu den digitalsten Ländern in Europa werden. Das Ziel: Unter die Top 10 kommen. Doch am Ende ist Volker Wissing, dem parteilosen Digitalminister, nichts geglückt. Am Ende hat man nur „Durchhalteparolen deutscher Digitalpolitik“ von sich gegeben. Zumindest, wenn man Markus Beckedahl von Netzpolitik.org zuhört.

Statt neuen Technologien eine Chance zu geben, bleibt man kritisch: Ein gutes Beispiel mag der Glücksspielbereich sein. Während es kaum noch ein Online Casino ohne Live-Bereich gibt, darf das Live-Dealer-Spiel nicht angeboten werden, wenn das Casino eine deutsche Lizenz hat. Aus diesem

Grund suchen immer mehr Spieler nach Online Casinos ohne deutsche Lizenz - so kann man auch ohne LUGAS Casino spielen und muss sich nicht mit der 5-Sekunden-Regel oder einem Maximaleinsatz von 1 Euro befassen. Letztlich zeigt diese Entwicklung, warum Deutschland wohl bei der Digitalisierung abgehängt wird - man traut sich nicht, nach vorne zu gehen.

Die Ampel wollte für gravierende Änderungen sorgen und alles besser machen. Selbst bezeichnete man sich als die Fortschrittskoalition, die andere Pläne und Strategien als die CDU-geführte Regierung zuvor hatte. „Diese jetzt schon nicht mehr bestehende Ampelregierung ist mit einem sehr ambitionierten Koalitionsvertrag gestartet“, so Beckedahl. „Man wollte alles besser machen, digital denken. In der Praxis zeigte sich aber relativ schnell, dass diese meisten Versprechungen eher Luftblasen waren, die geplatzt sind.“

Weniger als die Hälfte aller Vorhaben wurde umgesetzt

Das zeigt unter anderem auch der Index für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (kurz: DESI). Hier wird der Fortschritt der Mitgliedsstaaten in der Digitalisierung verfolgt und einmal im Jahr direkt von Seiten der Europäischen Kommission veröffentlicht. Als eines der reichsten und stärksten Wirtschaftsnationen hat sich Deutschland im Mittelfeld positioniert. Luft nach oben ist noch genug vorhanden.

Der Digitalmonitor des Digitalverbands Bitkom zeigt, dass die Bundesregierung in ihrer Amtszeit 334 Vorhaben hatte, aber gerade einmal 104 umsetzen konnte. Auch wenn der Regierung rund sechs Monate Amtszeit gefehlt haben, so ist das letztlich dennoch zu wenig gewesen. Vor allem auch deshalb, weil die Fortschrittprognose im Monitor mit Blick auf die bisherige Umsetzungsgeschwindigkeit auch keinen Turbo versprochen hätte. Laut den Berechnungen hätte die Ampel, wenn sie bis zum September gearbeitet hätte, 128 Projekte umsetzen können. Somit deutlich weniger als die Hälfte der geplanten Vorhaben.

„Die Ampel-Koalition wollte beim Thema Digitalisierung einen Aufbruch wagen - dieses Versprechen hat sie nicht eingelöst, es sind gerade einmal ein Drittel der Digitalvorhaben aus Koalitionsvertrag und Digitalstrategie umgesetzt. Der nun eingetretene digitalpolitische Stillstand ist für die deutsche Wirtschaft und für die öffentlichen Verwaltungen fatal“, so Bernhard Rohleder, der Hauptgeschäftsführer von Bitkom.

„Niemand hat sich verantwortlich gefühlt“

Die Ampel hat von Anfang an versucht, nicht mit „Stillstand“ in Verbindung gebracht zu werden. Schließlich wurde die Digitalisierung im Koalitionsvertrag bereits im ersten Teil behandelt. So hat die Ampel geschrieben, Deutschland braucht einen umfassenden digitalen Aufbruch. So hat man etwa ein Digitalbudget schaffen wollen und eine sogenannte Digitalstrategie mit 18 Leuchtturmprojekten; für die Umsetzung sollte der Digitalbeirat zuständig sein.

Am Ende ist das Digitalbudget im Haushaltsloch untergegangen. Der Digitalbeirat wurde zwar geschaffen, hat sich einmal im Monat getroffen und danach ein Leuchtturmprojekt vorgestellt. „diese Großprojekte, die man auf dem Digitalgipfel mit blumigen Worten und bunten PowerPointfolien präsentiert bekommt, in die viel Beratergeld reingeflossen ist. Aber eigentlich wissen alle schon sofort: Das wird wahrscheinlich nichts“, so Beckedahl.

Aber warum hat die Ampel bei der Digitaloffensive so versagt? Beckedahl glaubt, den Grund zu wissen. Es hätte die Koordinierung innerhalb der Bundesregierung nicht funktioniert. „Niemand fühlte sich verantwortlich und die Koordinierung in der Bundesregierung war noch schlechter als in der früheren Bundesregierung“, so der Digitalexperte. Volker Wissing hat nach den Koalitionsverhandlungen das Digitalministerium mit dem Verkehrsministerium erhalten. Für Beckedahl ein Fehler. Die nächste Regierung sollte ein eigenständiges Digitalministerium schaffen.  

Was sich Beckedahl und Rohleder von der neuen Regierung erwarten

Laut den neuesten Umfragen wird die Union am Ende den ersten Platz zurückerobern können. Für Beckedahl kein Grund zur Freude. „Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber ich habe keine Hoffnung mehr, dass die deutsche Digitalpolitik in absehbarer Zeit besser wird. Im Gegenteil.“ So verweist er etwa auf die Beteiligung der Zivilgesellschafft an digitalen Projekten. „Diese dürfte im nächsten Jahr wieder zurückgefahren werden, wenn die Union wieder diverse Ministerien übernimmt. Das kennen wir schon aus der Zeit von Angela Merkel. Es braucht mehr Anstrengungen, gemeinwohlorientierte digitalpolitische Projekte voranzubringen, um das Vertrauen der Bevölkerung in politische Prozesse und diese digitale Gesellschaft zu stärken.“

Auch der Hauptgeschäftsführer von Bitkom sieh Nachholbedarf - doch im Gegensatz zu Beckedahl sieht er nicht nur die negativen Punkte. So verwies er auf den 5G Netzausbau oder auch auf das Digitalgesetz in der Gesundheitspolitik. Trotzdem: „Die nächste Bundesregierung muss unter Beweis stellen, dass Politik handlungsbereit und handlungsfähig ist, Herausforderungen und Probleme erkennt, angeht und löst“, so Rohleder. „Ein Weiter-so ist dabei keine Option, Deutschland braucht einen Neustart.“

Am Ende wird Rohleder sogar noch eine Spur deutlicher als Beckedahl: „Fortschritt wird nur erreicht, wenn es innerhalb der Bundesregierung einen Antreiber für die Digitalthemen gibt. Es braucht daher einen echten Digitalminister - oder eine Digitalministerin - keinen Teilzeitminister fürs Digitale.“