Wachstum fördern, Stärken verbinden: Die Landesregierung unterstützt Brandenburg an der Havel als aufstrebende kreisfreie Stadt zwischen Havelland und Fläming. „Brandenburg an der Havel wächst als attraktiver, urbaner Magnet inmitten wunderschöner Landschaften und aufgrund seiner guten Verkehrsanbindung an unsere Landeshauptstadt Potsdam und die Metropole Berlin. Die Landesregierung stützt diese Entwicklung auch künftig“, sagte Ministerpräsident Dietmar Woidke heute nach einer gemeinsamen Kabinettssitzung mit der Spitze der kreisfreien Stadt. Unter Leitung von Woidke und Oberbürgermeister Steffen Scheller wurden im St. Paulikloster in der Reihe „Kabinett vor Ort“ aktuelle Themen und gemeinsame Vorhaben besprochen.
Die Landesregierung tourt nach zweijähriger pandemiebedingter Pause in diesem und im kommenden Jahr wieder mit auswärtigen Kabinettssitzungen und anschließenden Bürgerdialogen „Zur Sache Brandenburg“ in alle Landkreise und kreisfreien Städte. In der neuen Reihe war Brandenburg an der Havel die vierte Station und zugleich die erste in einer kreisfreien Stadt.
Roter Faden der Beratung war das Wachstum der Stadt. Es ging unter anderem um den Bau von Wohnungen durch die Weiterentwicklung städtischer Quartiere und der notwendigen Infrastruktur wie Kitas und Schulen. Auch die Entwicklung von Flächen für die Ansiedlung von Unternehmen wurde diskutiert. Ein weiteres Thema war die Unterstützung Brandenburgs als international renommierte Sportstadt. Eine Rolle bei den Gesprächen spielte auch die aktuelle Lage infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine.
Ministerpräsident Dietmar Woidke betonte: „Seit inzwischen mehr als sechs Monaten tobt der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin befohlene völkerrechtswidrige Aggressionskrieg gegen die Ukraine. Infolge des Krieges befinden wir uns im Krisenmodus. Die Auswirkungen des Krieges spüren wir alle jeden Tag. Deshalb werden Bund und Länder weitere Hilfspakete für Menschen, die jetzt finanziell besonders unter Druck sind, sowie die Wirtschaft schnüren. In der Stadt ist davon zum Beispiel insbesondere der wichtige Arbeitgeber Riva-Elektrostahl betroffen. Wir sollten aber trotz alledem nicht aus dem Blick verlieren, was wir im Land Brandenburg und auch hier in der Stadt Brandenburg alles erreicht haben. Wir haben in den vergangenen Jahren eine solide Basis erarbeitet, um Krisen zu bestehen.“
Mit Blick auf die Energiekrise betonte Woidke: „Die Lage ist angespannt. Es gibt klare Prioritäten für den Herbst und den Winter: die Versorgungssicherheit mit Strom und Wärme für Bevölkerung und Wirtschaft, die Bezahlbarkeit von Energie und die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft. Die Bundesregierung muss alle Optionen zur Sicherung der Energieversorgung ideologiefrei prüfen. Brandenburg kann mit der Wiederinbetriebnahme von zwei 500 Megawatt-Blöcken des Kraftwerks Jänschwalde zum 1. Oktober einen Beitrag zur Versorgungssicherheit und zur Dämpfung der Strompreise in ganz Deutschland leisten. Wir kennen unsere Verantwortung und kommen ihr nach.“
Der stellvertretende Ministerpräsident, Innenminister Michael Stübgen, erklärte: „Corona, Waldbrand und Ukrainekrieg – Krisen sind unsere ständigen Begleiter im Jahr 2022. Pausen sind uns nicht vergönnt und die größte Herausforderung steht uns im Winter noch bevor. Russland führt einen perfiden Energiekrieg gegen Europa und versucht uns mit der Gasbremse in Schwierigkeiten zu bringen. Langfristig muss unser Weg aus der Abhängigkeit von russischen Pipelines führen. Jetzt geht es aber erstmal darum, Brandenburgs Bevölkerung und Wirtschaft vor den Folgen russischer Erpressungsversuche zu schützen. Dafür werden wir in diesem Winter unser heimisches Energiepotenzial voll ausschöpfen müssen. Ideologisches Klein-Klein darf der Krisenbewältigung nicht im Wege stehen. Die Lausitzer Braunkohle ist momentan unverzichtbar für die Stromversorgung Deutschlands. Die Reserveblöcke müssen deshalb schnell ans Netz gebracht werden. Gemeinsam haben wir zwei Corona-Winter überstanden, in diesem Sommer über 500 Waldbrände gelöscht und allein in den letzten acht Monaten rund 40.000 Geflüchteten Schutz geboten. Wenn wir weiter zusammenstehen und gemeinsam anpacken, meistern wir in Brandenburg auch die nächste Krise.“
Die stellvertretende Ministerpräsidentin, Sozialministerin Ursula Nonnemacher, betonte: „Unter allen Krisen ist die Klimakrise die bedrohlichste für die gesamte Menschheit. Ihre Auswirkungen sind verheerend. Der Klimawandel ist auch in Brandenburg zu spüren: Hitzesommer, Waldbrände, Wasserknappheit, ausgetrocknete Seen und Flüsse, Ernteausfälle. Deshalb dürfen die notwendigen Maßnahmen zum Klimaschutz nicht länger aufgeschoben werden. Versäumnisse beim Umstieg auf Erneuerbare Energien rächen sich nun doppelt, weil wir durch Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine energiepolitisch erpressbar geworden sind. Vor uns liegt ein schwieriger Winter, auch die Corona-Pandemie ist noch nicht vorbei. Wir werden den zahlreichen Krisen gemeinsam trotzen. Die Entlastung der einkommensschwächeren Bevölkerung, der passagere Rückgriff auf einheimische Braunkohle, die Überführung von zwei Atomkraftwerken in eine befristete Einsatzreserve, Energiesparmaßnahmen und Infektionsschutz mit Augenmaß gehören dazu.“
Woidke verwies auf die erfreuliche Entwicklung der Stadt Brandenburg in jüngster Zeit: „Seit sechs Jahren wächst die Bevölkerungszahl. Noch vor kurzem wurde vorhergesagt, dass Brandenburg an der Havel erst im Jahr 2030 auf 73.000 Einwohner gewachsen sein wird. Das ist schon jetzt erreicht. Für diesen positiven Trend sorgen Zuzügler. Wir brauchen sie, denn der Mangel an Fachkräften kann zu unserer größten Gefahr bei der Wirtschaftsentwicklung werden. Deshalb muss Brandenburg mit Weltoffenheit und Optimismus für Zuzug werben. Das ist bisher gut gelungen, denn Brandenburg hat derzeit bundesweit den stärksten Zuzug aus ganz Deutschland.“
Oberbürgermeister Steffen Scheller sagte: „Die gegenwärtige Attraktivität der Stadt Brandenburg an der Havel als Arbeits- und Wohnort für junge Familien wurde in vielerlei Hinsicht durch eine gute Zusammenarbeit mit dem Land Brandenburg ermöglicht. Hier blicken wir auf konstruktive Diskussionen und die Inanspruchnahme vieler Fördermöglichkeiten zurück, ohne die eine in diesem Maße positive Entwicklung der Stadt wohl nicht realisierbar gewesen wäre. Das trifft beispielsweise auf städtebauliche und verkehrliche Projekte sowie auf Erschließungsmaßnahmen und die Förderung von Unternehmen zu.
Gleichwohl ist dieser Entwicklungsprozess ein fortwährender, der nur mit starken Partnern vor Ort und im Land gelingt. Gerade durch den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs auf der Bahn-Linie des RE1 wird diese Entwicklung zusätzlichen Schub erhalten. Bei den anstehenden Brückenbauvorhaben wünschen sich die Brandenburgerinnen und Brandenburger aber schnellere Entscheidungen in den Vorbereitungs- und Planungsprozessen. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass die Belange von Umwelt- und Naturschutz höher gewichtet werden als der Bedarf an Mobilität und Sicherheit.
Der regelmäßige Austausch mit den einzelnen Ressorts der Landesregierung, aber auch mit dem gesamten Kabinett ist wichtig, um über die erreichten Erfolge zu sprechen. Aber der Blick nach vorn und eine Verständigung auf gemeinsame Ziele und Maßnahmen ist für mich noch entscheidender. Dazu bestand heute ausreichende Gelegenheit.“
Woidke ergänzte: „So positiv das Wachstum ist, so herausfordernd ist es auch. Brandenburg an der Havel braucht Wohnungen, Schulen und Kitas, braucht Gewerbeflächen sowie eine gute Verkehrsinfrastruktur. Denn es kommen nicht nur Menschen, die hier wohnen wollen, sondern auch Unternehmer, die hier investieren wollen. Wer hier wohnt und arbeitet, muss auch gut von A nach B kommen. Über all diese Aspekte und über etliche konkrete Projekte haben wir heute in sehr konstruktiver Atmosphäre gesprochen.“
Gewerbe
Zur möglichen Erschließung neuer Gewerbeflächen sagte Woidke: „Die Landesregierung erarbeitet zurzeit ein landesweites Gewerbeflächengutachten. Gewerbegebiete müssen gut geplant und verträglich sein für Anwohner und Natur, denn Naturreichtum und unzerstörte Landschaftsräume sind ein großer Schatz und Standortvorteil unseres Landes. Dass auch Brandenburg an der Havel Planungen für ein neues Gewerbe- und Industriegebiet auf den Weg bringen will, ist gut. Ob der vorgesehene Standort gut und geeignet ist, wird in den dafür vorgesehenen Plan- und Genehmigungsverfahren sowie unter Beachtung des Landesentwicklungsplans abgewogen und entschieden.“
Schiene / Bus / Straße
Der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) wird sowohl im Land als auch in der Stadt Brandenburg weiter verbessert Die Ausweitung des Verkehrsangebotes auf der Schiene um 30 Prozent auf 32,3 Millionen Zugkilometer mit dem Fahrplanwechsel im Dezember ist dafür ein wichtiger Schritt. Davon profitiert auch Brandenburg an der Havel. Auf der Bahn-Linie RE 1 fahren ab Dezember in Spitzenzeiten drei Züge pro Stunde zwischen Brandenburg/Havel und Frankfurt (Oder). Sowohl die Linie RE 1 als auch die RB 51 zwischen Brandenburg/Havel und Rathenow wird mit neuen Fahrzeugen mit bis zu 800 Sitzplätzen und WLAN bedient. Ferner werden am Brandenburger Hauptbahnhof die Bahnsteigdächer modernisiert und die Treppen mit Rinnen für Fahrräder ausgerüstet.
Neben dem SPNV-Angebot wird die Stadt weiterhin von drei PlusBus-Linien angefahren, die u.a. mit Kloster Lehnin und Bad Belzig verbinden.
Zur Verbesserung der Straßeninfrastruktur laufen in diesem Jahr unter anderem Bauarbeiten an den Bundes- und Landesstraßen B1, B102 und L962. Zudem sind folgende größere Vorhaben in Planung:
- B1/ B102 Brücke am Altstädter Bahnhof B1
- Ersatzneubau Brücke über die DB AG (Potsdamer Straße)
- B1 Ersatzneubau Quenzbrücke über den Silokanal
- B102 Brandenburg-Fohrde
Ferner laufen mit Blick auf die angestrebte Verkehrswende Baumaßnahmen zur Erschließung und Ertüchtigung von Rad- und Fußwegen u.a. am Silokanal.
Wohnen
Oberbürgermeister Steffen Scheller informierte das Kabinett über eine gemeinsam mit der städtischen Wohnungsbaugesellschaft WOBRA gestartete Kampagne, die sich mit den Fragen „Wo wollen wir leben?“ und „Wie wollen wir leben?“ befasst. Die Stadt plant, einzelne Quartiere im und am Zentrum zu verdichten. Dazu gehören das Bahnhofsumfeld, der Packhof und die ehemalige Ziegelei. Auch der Stadtteil Kirchmöser soll als Wohnstandort weiterentwickelt werden.
„Campus Brückenwerk“
In Zusammenhang mit der Erschließung innerstädtischer Quartiere diskutierten Kabinett und Stadtspitze auch über die Idee zur Entwicklung des „Campus Brückenwerk“. Dabei sollen drei nah beieinanderliegende und architektonisch bedeutsame historische Bauwerke miteinander in Beziehung gebracht und entwickelt werden: das ehemalige Stadtbad, das einstige Straßenbahndepot und das frühere Elektrizitätswerk. Das Stadtbad, errichtet um 1930, gilt als Wahrzeichen städtischer Reformpolitik und als eines der Hauptwerke der Architektur der Klassischen Moderne im Land Brandenburg. Das Straßenbahndepot, 1910 gebaut, und das Elektrizitätswerk von 1901 sind ebenfalls bauhistorisch, architektonisch und stadtgeschichtlich bemerkenswerte Denkmale. Alle drei Gebäude sind sanierungsbedürftig. Land und Stadt führen ihre Gespräche über eine mögliche Förderung des „Campus Brückenwerk“ aus städtebaulichen Mitteln fort. Die Weichen für den Erhalt des baukulturellen Erbes im Rahmen der Stadtentwicklung sind gestellt.
Sportstadt
Kabinett und Stadtspitze betonten das Potenzial Brandenburgs als national und international anerkannte Sportstadt. Die Stadt ist immer wieder Gastgeberin nationaler und internationaler Meisterschaften u.a. im Billard, Skateboard oder Segelfliegen. Die bekannteste Sportstätte ist die Regattastrecke Beetzsee. In diese traditionsreiche Anlage wurden seit Mitte der 1990er Jahre bis zu ihrem 50. Geburtstag im Jahr 2019 gemeinsam mit dem Land mehr als 12 Millionen Euro investiert, um die einzigartige Naturregattastrecke für Welt- und Europameisterschaften im Rudern und Kanu fit zu machen. Das Land unterstützt regelmäßig die Bewerbungen der Stadt um regional, national und international bedeutende Sportveranstaltungen. So werden bereits die Kanu-Polo-EM 2023, Ruder-Masters-WM 2024, Drachenboot-WM 2025 und Bewerbung um die Ruder-Junioren-EM 2026 vorbereitet.