rep24 logo 2011 2

Das Online-Magazin in Brandenburg

Mit dem Weltbienentag und dem Internationalen Tag der biologischen Vielfalt finden in diesem Monat gleich zwei Aktionstage statt, die das Bewusstsein für den Erhalt der Biodiversität schärfen sollen. Einen unverzichtbaren Beitrag zugunsten der Artenvielfalt leisten naturnahe Gärten. Wie Hobbygärtner einen solchen anlegen, weiß Dr. Lutz Popp, Gartenbauexperte vom Bayerischen Landesverband für Gartenbau und Landespflege e. V. (BLGL).

Der Internationale Tag der biologischen Vielfalt jährt sich in diesem Jahr zum 25. Mal. Er wird weltweit am 22. Mai gefeiert und erinnert an das 1993 in Kraft getretene Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity, CBD) der Vereinten Nationen. Der Weltbienentag am 20. Mai, ebenfalls von den UN ins Leben gerufen, macht seit 2018 auf die elementare Rolle der verschiedenen Bienenarten in den Ökosystemen sowie auf den bedrohlichen Rückgang der Bienenpopulation aufmerksam. Gemeinsam ist beiden Aktionstagen: Sie sollen die Wichtigkeit biologischer Vielfalt und natürlicher Lebensräume in das Bewusstsein der Menschen rücken.

Die Biodiversität nimmt immer weiter ab
Denn die Biodiversität nimmt weltweit immer weiter ab. So kommt etwa der Naturschutzbund Deutschland (NABU) in seinem „Faktencheck Artenvielfalt“ zum Ergebnis, dass 60 Prozent der hierzulande vorkommenden Lebensraumtypen in einem schlechten Zustand sind und annähernd ein Drittel der in Roten Listen erfassten Tiere und Pflanzen bestandsgefährdet ist. Dazu zählen viele Insektenarten wie die für die Bestäubung und den Naturhaushalt so wichtigen Wildbienen: „Fast zwei Drittel der in Deutschland vorkommenden etwa 560 Arten sind in ihrem Bestand bedroht, einige bereits ausgestorben“, weiß Dr. Lutz Popp.

Auch die Mitglieder des BLGL merken den Rückgang der Biodiversität in ihren eigenen Gärten, wie eine aktuelle Umfrage zeigt: 82 Prozent der in dem Verband organisierten Hobbygärtner stellen klimabedingte Veränderungen fest, wie Artenverlust – insbesondere bei Insekten –, die Zunahme invasiver Tier- und Pflanzenarten, veränderte Anbaubedingungen sowie immer häufigere Trockenheits- und Dürreperioden, aber auch Unwetterereignisse. Umso mehr Wert legen die BLGL-Mitglieder auf Naturnähe: Fast 95 Prozent von ihnen setzen in ihren Gärten auf Maßnahmen, die den Folgen des Klimawandels entgegenwirken sollen.

Naturnahe Gärten fördern die Artenvielfalt
Naturgärten leisten einen wertvollen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität. Sie bieten zahlreichen Tieren und Pflanzen Lebensräume, die sie in der freien Natur immer seltener vorfinden. „Dabei bedeutet ‚naturnah‘ nicht, Blumen, Stauden und Wiesenflächen unkontrolliert wuchern zu lassen“, so Dr. Popp. „Stattdessen geht es darum, möglichst viele verschiedene Lebensräume für einheimische, an die lokalen Boden- und Klimabedingungen angepasste Tier- und Pflanzenarten zu gestalten. Je vielfältiger der Naturgarten, desto mehr Artenvielfalt.“

Blumenwiese statt Rasenfläche
Ein Naturgarten setzt sich üblicherweise aus vier verschiedenen Strukturelementen zusammen: Ein wichtiger Bestandteil ist neben Staudenbeeten, Sträuchern und Hecken sowie Laubbäumen eine Wildblumenwiese mit heimischen Wiesengräsern, Kräutern und Wiesenleguminosen. „Eine Blumenwiese gehört zu den artenreichsten Lebensräumen überhaupt“, erklärt der Gartenbauexperte vom BLGL. „Zahlreiche Insekten und Vögel finden in der Blütenschicht Nahrung in Form von Pollen, Nektar und Samen.

Die Blatt- und Stängelschicht bietet unter anderem Heuschrecken, Spinnen und Schmetterlingsraupen Lebensräume, in der Streuschicht leben Laufkäfer, Asseln, Weberknechte und viele weitere kleine Organismen. Und die Bedingungen in der tief verwurzelten Bodenschicht sind ideal für zahlreiche Bodenlebewesen.“ Vor allem die artbedingt teils sehr wählerischen Wildbienen sind zwingend auf bestimmte heimische Wiesenblumen angewiesen, um ihren Pollenhunger zu stillen. Rasenflächen hingegen beherbergen nur wenige Pflanzen- und Tierarten und sind als Lebensraum von geringer Bedeutung. Es gilt daher: Rasen und auch Wege nur dort anlegen, wo es wirklich notwendig ist.

Vielfältige und artgerechte Bepflanzung
Eine vielfältige Bepflanzung ist im Naturgarten besonders wichtig. Hobbygärtnern steht dafür eine Vielzahl an heimischen Pflanzenarten zur Verfügung, mit unterschiedlichen Wuchs- und Blütenformen und in unzähligen Farbvarianten. „So bieten etwa Stauden fast unerschöpfliche Kombinationsmöglichkeiten bei der Gartengestaltung“, weiß Dr. Popp. „Darüber hinaus stellen sie Insekten, Vögeln und Kleintieren Nahrung sowie Nistgelegenheiten bereit.“ Hobbygärtner sollten bei der Gartengestaltung auf heimische, an die lokalen Bedingungen angepasste Pflanzen sowie eine Mischung aus alten Sorten und weiterentwickelten Züchtungen setzen.

Beikraut hingegen darf im naturnahen Garten wachsen. Auch wenn es nicht immer ansprechend aussieht, viele Tiere wissen es als Nahrung und Eiablageort zu schätzen. Ein weiterer Tipp des Gartenbauexperten: Lang blühende Beete versorgen Wildbienen und Co. fast das ganze Jahr über mit Nahrung. Er empfiehlt Hobbygärtnern daher, auch Frühblüher wie Krokus und Schneeglöckchen sowie spätblühende Kräuter und Gemüsepflanzen – etwa Berg-Bohnenkraut – zu integrieren. Sie blühen bis weit in den Herbst hinein und dienen auch gegen Jahresende noch als Nahrungsquelle. Gewächse wie Efeu und Herbstzeitlose blühen bis Oktober, Schneeheide sogar im Winter.

Neben einheimischen (Wild-)Pflanzen gehören auch Totholz, Natursteine, Trockenmauern oder Sandböden in einen echten Naturgarten. „Sie sorgen nicht nur für Vielfalt, sondern bieten Tieren und Pflanzen zusätzliche Lebensräume“, so Dr. Popp. „Gleiches gilt für Wasserstellen wie einen Gartenteich. Selbst kleine Wasserflächen wie eine gefüllte Keramikschale können wertvoll sein, etwa als Tränke oder Badeplatz für Vögel.“

Natürlicher Pflanzenschutz und geringer Pflegeaufwand
Hobbygärtner, die die Grundvoraussetzungen für erfolgreiches Gärtnern – wie standortgerechte Pflanzenwahl, Bodenpflege und Förderung von Nützlingen – beachten, belohnt ein Naturgarten mit einem vergleichsweise geringen Pflegeaufwand. „Es kommt einem naturnahen Garten zugute, wenn Mahd und organische Düngung nur sehr dosiert erfolgen. Auch das Zurückschneiden sämtlicher Pflanzen vor dem Winter ist nicht notwendig und eher kontraproduktiv. Denn die Stängel vieler Stauden dienen Insekten wie Wildbienen als Winterquartier“, rät der Experte vom BLGL. Sein Fazit: „Jede naturnahe Gartenfläche trägt zur Erhaltung der biologischen Vielfalt bei. Auch in kleinen Gärten ist es möglich, durch einfache Einzelmaßnahmen das Lebensraumangebot für Tiere und Pflanzen zu erhöhen – und so einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität zu leisten.“