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Eine Kündigung wegen Eigenbedarf des Vermieters ist für viele Mieter ein Albtraum. Umgekehrt haben Vermieter Bedenken, dass sie ihre Mietwohnung nicht für sich oder die Familie nutzen können, wenn Bedarf besteht. Entsprechend häufig landen Streitfälle über eine Eigenbedarfskündigung vor Gericht.

In den vergangenen Jahren hat der Bundesgerichtshof (BGH) ein paar wegweisende Entscheidungen gefällt. Wann der Vermieter wegen Eigenbedarf kündigen darf, wann der Mieter Widerspruch einlegen kann und was er dabei beachten sollte, fasst Michaela Rassat, Juristin der D.A.S. Rechtsschutz Leistungs-GmbH (D.A.S. Leistungsservice), zusammen.

Wann dürfen Vermieter Mietern wegen Eigenbedarf kündigen?

Das Bürgerliche Gesetzbuch (§ 573 BGB) stellt klar, dass ein Vermieter seinem Mieter nur dann kündigen kann, „wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat“. Berechtigtes Interesse heißt zum Beispiel: Der Vermieter benötigt die Räume für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts. Familienangehörige sind Kinder, Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, Eltern, und Großeltern. Aber auch Geschwister (BGH, Az. VIII ZR 276/02) sowie Nichten und Neffen (BGH, Az. VIII ZR 159/09) gehören dazu, Onkel und Tante dagegen nicht. Als Angehörige eines Haushalts gelten Haushaltshilfen und Pflegepersonal. Der Mieter sollte im Kündigungsschreiben daher genau prüfen, für wen der Vermieter den Eigenbedarf anmeldet und warum. Mögliche Gründe sind beispielsweise das geplante Studium der Tochter in der Stadt oder eine pflegebedürftige Mutter, für die die Erdgeschosswohnung hilfreich wäre. Unzulässig ist eine Eigenbedarfskündigung „auf Vorrat“, wenn noch gar nicht sicher feststeht, ob der jeweilige Angehörige des Vermieters überhaupt in die Wohnung einziehen will (BGH, Az. VIII ZR 300/15). Wann ist der Anspruch des Vermieters auf Eigenbedarf nicht gerechtfertigt? Kann der Mieter dann Widerspruch einlegen?

Der Vermieter muss die Gründe für die Eigenbedarfskündigung im Kündigungsschreiben schlüssig darlegen. Unterlässt er dies, ist die Kündigung unwirksam und das Mietverhältnis besteht weiter. Das heißt: Er kann den Mieter nicht erfolgreich verklagen, die Wohnung zu räumen. Ebenso muss der Wohnbedarf des Vermieters im richtigen Verhältnis zur Mietwohnung stehen. Wer beispielsweise eine Studentenbleibe für seine Tochter benötigt, kann kein Einfamilienhaus kündigen. Auch müssen die Nachmieter tatsächlich die Personen sein, die der Vermieter in der Kündigung angegeben hat (BGH, Az. VIII ZR 44/16). So darf er nicht vorgeben, die Wohnung für einen Verwandten zu benötigen, und sie dann teurer an Fremde vermieten. Tricks wie den letztgenannten erkennt der Mieter in der Regel erst nach seinem Auszug. Dann kann er Schadenersatzansprüche geltend machen. Falls der Umzug den Mieter zum Beispiel aufgrund von Alter, auch in Verbindung mit besonders langer Mietdauer, sowie Krankheit oder Suizidgefahr unzumutbar hart treffen würde, kann er der Kündigung wegen sozialer Härte widersprechen (§ 574 BGB). Einen solchen Widerspruch kann er bis zwei Monate vor dem Kündigungstermin einlegen. Stellt sich heraus, dass der Vermieter bereits bei der Unterzeichnung des Mietvertrags fest geplant hatte, die Wohnung ein paar Jahre später zum Beispiel an seinen Sohn zu übergeben, kann die Kündigung unter Umständen rechtsmissbräuchlich und somit unwirksam sein.

Wenn Mieter der Meinung sind, dass eine Kündigung wegen Eigenbedarf ungerechtfertigt ist, was sollten sie tun?

Hat der Mieter berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kündigung, ist es empfehlenswert, sich einen Rechtsbeistand zu suchen. Denn die Rechtslage ist oft sehr komplex und auch die Gerichte urteilen nicht immer einheitlich. Da ein Gerichtsverfahren meist mit einem hohen Zeit- und oft auch Kostenaufwand verbunden ist, sollten Mieter und Rechtsbeistand zunächst prüfen, ob der Eigenbedarf seitens des Vermieters gerechtfertigt ist. Ebenso wichtig ist es, zu prüfen, ob der Mieter relevante Gründe hat, die gegen eine Kündigung sprechen. Selbst wenn kein Härtefall wie eine schwere Krankheit vorliegt, können beispielweise ein bevorstehendes Examen oder eine baldige Geburt einen Aufschub des Kündigungstermins bringen. Stellt sich nachträglich heraus, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht war, hat der Mieter Anspruch auf Schadenersatz. Dies können zum Beispiel die Kosten für einen Umzug, für Renovierungsarbeiten, angefallene Maklergebühren oder auch zeitlich begrenzt die Mietdifferenz für das Anmieten einer teureren Wohnung sein. Einen Wiedereinzug in die alte Wohnung und die Fortsetzung des Mietverhältnisses kann der Mieter nur verlangen, wenn der Vermieter die Wohnung nicht schon anderweitig vermietet hat. Oft stellt der Mieter erst Jahre nach seinem Auszug fest, dass die Eigenbedarfskündigung ungerechtfertigt war. Beispielsweise dann, wenn die Wohnung lange leer stand oder nicht die im Kündigungsschreiben genannte Person eingezogen ist. Auch dann kann er noch auf Schadenersatz klagen. Sein Anspruch verjährt innerhalb von drei Jahren. Für den Fristbeginn ist aber nicht unbedingt der Auszugstermin maßgeblich, sondern der Zeitpunkt, zu dem er von der Täuschung erfahren hat. Wird innerhalb der Kündigungsfrist eine vergleichbare andere Wohnung im Haus frei, die dem gleichen Vermieter gehört, muss er diese Wohnung dem wegen Eigenbedarfs gekündigten Mieter anbieten. Unterlässt er dies, setzt sich der Vermieter ebenfalls Schadenersatzansprüchen aus. Die Eigenbedarfskündigung ist deshalb jedoch nicht unwirksam.